















DIE INSZENIERTE FREMDE
Dioramen und Zoos faszinierten mich schon als Kind.
Während der Arbeit und Recherche für mein Diplomthema stellte ich fest, dass diese Faszination immer noch da ist
und sogar neu geweckt wurde.
Aber mein Blick auf das von fremder Hand künstlich Geschaffene ist jetzt natürlich ein anderer.
Spannend finde ich die Kombination aus alten Kindheitsvorstellungen, meiner neuen Sichtweise und der Fähigkeit,
heute beides miteinander verbinden zu können.
Ich ging durch Museen und schaute mir die Dioramen an.
Bei der Betrachtung des Porträts der Löwenfamilien in der Steppe, das im Überseemuseum Bremen steht,
dachte ich:
„Ach so, das soll jetzt also Afrika sein.“
Natürlich war mir klar, dass man sich hier der gängigen Klischees bedient hat,
wie bei allen Dioramen, die ich kenne.
Einerseits finde ich diese Tatsache komisch, andererseits aber auch sehr rührend.
Trotzdem haben alle gut gemachten Dioramen eines gemeinsam:
Die Liebe zum Detail und den Versuch, ein perfektes Abbild einer idealisierten Welt zu schaffen.
Ich fand eine inszenierte, idealisierte Welt vor, die ich noch übertriebener darstellen wollte.
Mir wurde klar, dass ich die erste Idee zu meinem Diplomthema hatte.
Ich habe eine idealisierte, inszenierte, fremde Welt vorgefunden, eine konstruierte, künstliche,
nachgestellte Umgebung, die vorgibt, etwas Reales zu simulieren oder darzustellen.
Natürlich entsprechen diese paradiesähnlichen Räume nicht der Realität, weder so, wie ich sie vorgefunden habe,
und schon gar nicht nach meinem Eingreifen.
Zwar versuchen die Museen und Zoos die Realität möglichst authentisch darzustellen,
jedoch führt das Zusammenfügen und sich Bedienen einiger Klischees auf engem Raum oft ins Gegenteil.
Denn dort können wir teilweise schon ausgestorbene, ausgestopfte Tiere anschauen
oder werden Zeuge der Bewahrung und des Erhalts eines Stückchen Regenwaldes im Tropenhaus im Zoo.
In Zoos, Museen und in Aquarien gibt es begrenzte Bereiche für Menschen und Tiere.
Mir geht es bei meiner Arbeit um ein Verschmelzen dieser Bereiche oder um ein Überschreiten
und/oder Zusammenführen, ein Neu-Konstruieren, eine Aufhebung von Innen und Außen.
Meine Bilder sind in Dioramen, Tropenhäusern, Zoos, Tiergehegen und Aquarien entstanden.
Es ist also immer noch der künstlich geschaffene Raum.
Doch die Menschen sind teilweise nachträglich im Raum inszeniert oder eingefügt,
ebenso wie auch einige Tiere und Pflanzen.
Daraus ergibt sich eine Begegnung mehrerer künstlich geschaffener Welten und alles wird zu einem ganzen Bild
mit Verweisen auf fremdes oder/und eigenes Eingreifen.
In jedem Bild gibt es also einen Auszug oder ein Abbild aus Fremdem, schon Vorgefundenem,
Verwertetem und teilweise neu Konstruiertem.
Ich finde diese Räume, bediene mich ihrer, indem ich sie zu meinen eigenen Räumen umgestalte:
Ein Bild oder Raum von künstlicher Konstruiertheit.
Die Frage nach dem Realen und Wirklichen wird unwichtig, beides vermischt sich mit Künstlichem.
Die räumlichen Grenzen werden dadurch aufgehoben und Neues fügt sich zusammen.
Auf den ersten Blick scheint man ein normales Bild vor sich zu haben.
Erst auf den zweiten Blick erkennt man anhand kleiner Merkmale, dass es künstlich geschaffene Räume sind,
in denen die Bilder entstanden.
Man erfährt eine Verunsicherung: War es so oder wurde nachträglich noch eingegriffen?
Im Grunde sind doch Museen und Zoos bemüht, das idealisierte Bild einer Begegnung von Mensch und Tier
in einem perfekt inszenierten und klischeeschwangeren Raum zu konservieren und für die Nachwelt zu erhalten.
Die Serie fotografierte ich analog mit einer Linhof Technika 4×5 inch Großbildkamera.
Die Negative wurden hoch auflösend eingescannt und teilweise digital weiterbearbeitet.
Besonders Danken möchte ich allen Zoos, Museen, Aquarien und Vogelparks
in denen ich fotografieren durfte!